Menschen mit Hörproblemen kann heute, dank neuester Hörgerätetechnik, besser als früher geholfen werden, an ihrer Umwelt aktiv teilzunehmen. Hörbehinderte brauchen sich nicht mehr ausgegrenzt zu fühlen.
Und dennoch gibt es Bereiche, bei denen selbst moderne Hörgeräte an ihre physikalischen Grenzen stoßen. Dann nämlich, wenn es darum geht, die für die Verständlichkeit bestimmten Informationen, die teilweise durch höhere Geräuschpegel überdeckt sind, herauszufiltern. Das kann auch eine noch so gute Lautsprecheranlage nicht leisten.
Mit welchen Sörgeräuschen ist zu rechnen? Zunächst einmal die Umgebungsgeräusche, das können sich unterhaltende Menschen oder spielende Kinder im Umfeld sein. Häufig werden diese überlagert durch allgemeinen Umgebungslärm, das kann eine im Raum befindliche Klimaanlage, das können Verkehrsgeräusche bei offenen Fenstern sein. In großen, wie auch in den meisten sakralen Räumen kommt noch der mehr oder minder starke Nachhall zu den üblichen Störgeräuschen hinzu, in dem die eigentliche sprachliche Information regelrecht versacken kann.
Hier ist es umso mehr wichtig, den Hörbhinderten die Möglichkeit zu geben, das gesprochene Wort direkt zuzuspielen, also ohne Umweg über Lautsprecher und Raumakustik.
Allgemeine Information
Im „Bericht der Bundesregierung zur Lage von Menschen mit Behinderungen vom 15. Dezember 2004″ wird im Bereich bauliche und kommunikative Barrieren immer noch großer Handlungsbedarf gesehen.
Vorliegende Normen zum Barrierefreien Bauen DIN 18024 und DIN 18025 befassen sich fast ausschließlich mit mechanischen Barrieren und mit Lösungen, diese zu vermeiden. Da werden z. B. genannt: Maße für Türbreiten, für Treppenstufen, für Schwellen, Steigungen von Rampen und Aufzüge. Wie groß muss ein Aufzug sein, damit man mit dem Rollstuhl hinein fahren kann? Aber welcher Hörgeschädigte oder welcher Sehgeschädigte fährt Rollstuhl? In einem ganz geringen Maße wurden in diesen Normen bisher schon Lösungen für Sehgeschädigte beschrieben. Zum Beispiel die Tasten bei den Aufzügen und die Absenkung der Bordsteinkanten, die dann aber dann doch nicht so weit abgesenkt sind, dass ein Rollstuhlfahrer erschütterungsfrei darüber weg fahren kann, sondern so weit angehoben, dass ein Blinder sie mit dem Stock ertasten kann. An solchen Kollisionsstellen der Anforderungen für verschiedene Nutzer gibt es auch Lösungsvorgaben für Sehgeschädigte. Lösungen für Hörgeschädigte oder gar allgemein gültige Anforderungen sind in diesen Normen praktisch nicht enthalten und werden somit häufig weder berücksichtigt noch umgesetzt.
Immer wieder gibt es ungläubige Nachfragen und große Augen, wenn man versucht, guthörenden Auftraggebern oder Bauherren die immensen Vorteile einer IndukTiven Höranlage für Schwerhörende gegenüber einer Lautsprecher-Beschallung zu erläutern. Sehr oft wird die Auffassung vertreten, eine Lautsprecheranlage brächte doch das Sprachsignal „so deutlich rüber“, dass man sich den Aufwand für eine IndukTive Höranlage ersparen könne. „Einem Guthörenden die Vorteile einer IndukTiven Höranlage zu erläutern ist eine ähnlich schwierige Aufgabe, wie wenn man einem Blinden den Unterschied zwischen blau und gelb erklären möchte“, äußerte Carsten Ruhe, der Leiter des DSB-Referates Barrierefreies Planen und Bauen (BPB) anlässlich der Einmessarbeiten an der erneuerten Beschallungsanlage der Bad Segeberger St. Marien-Kirche (6-2009).
Es gibt verschiedene Arten von Hörbehinderungen. Die häufigste ist die Schwerhörigkeit. Man schätzt den Anteil der Schwerhörigen auf ca. 10% der Bevölkerung. Schwerhörige hören in der Regel nicht leiser, sie hören anders. Die meisten Schwerhörigen können die hohen Frequenzen des Schalls nicht mehr genügend wahrnehmen. Dadurch verlieren sie einen Teil der Unterscheidungsmerkmale einzelner Buchstaben, die Silbenverständlichkeit und damit die Satzverständlichkeit sinkt rapide. Insbesondere bei unbekannten Fachausdrücken, Fremdsprachen und Eigennamen führt dies zu einem immensen Informationsverlust. So ist der Ausspruch „Ich höre zwar noch gut, aber ich verstehe die Leute nicht mehr!“ typisch. Ein Guthörender sollte einmal am Telefon darauf achten, ob er ‚z‘ von einem ‚f‘ oder ‚p‘ unterscheiden kann. Ergibt es sich nicht aus dem Zusammenhang, wird es auch einem Guthörenden schwerfallen, da die Telefonsignale auf ca. 300-3600 Hz begrenzt werden. Mit zunehmendem Alter sinkt zudem die Konzentrationsfähigkeit um aus dem bekannten Wortschatz eine in den jeweiligen Zusammenhang passende Variante herauszufiltern.
Moderne Hörgeräte ermöglichen eine begrenzte Rehabilitation, indem sie die betroffenen Frequenzbereiche verstärken.
Doch selbst die besten und teuersten Hörgeräte sind in dieser Hinsicht noch weit von den Funktionen des gesunden Gehörs entfernt. Deshalb ist es für Hörgerätträger extrem wichtig, dass durch spezielle Höranlagen die Sprachverständlichkeit unterstützt wird.
Um diesen Menschen das Hören zu erleichtern, sollte es die erste Prämisse sein, ihnen das zu übertragende Signal möglichst störungsfrei zukommen zu lassen. Dies kann – wie oben angeschnitten – eine noch so gute Lautsprecheranlage nicht leisten, da sie Nebengeräusche aus dem Publikum oder der Umgebung nicht wegfiltern kann. Zudem ist das Lautsprechersignal nur im Direktschallbereich des Lautsprechers eindeutig. Gerade in halligen Umgebungen, zu denen hier leider auch die meisten Kirchen gehören, ist dieser Direktschallbereich nur im direkten Umfeld des Lautsprechers gegeben, das Signal geht schnell im diffusen Schallfeld unter (wird von Reflexionen an den Wänden, Fußboden und Decke) überlagert.
Im allgemeinen lassen sich 4 Hörergruppen klassifizieren:
- der Guthörende:
→
Lautsprecheranlage ist ausreichend - der schwach Hörgeschädigte, der sich ohne weitere Hilfsmittel bewegt
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hier sind technische Hilfsmittel bereitzustellen - der Hörgeschädigte, der eine Hörhilfe (Hörgerät) benutzt
→
hier sind technische Hilfsmittel bereitzustellen - der Taube
→
hier hilft nur Gebärdensprache oder Untertitel
Welche Technik ist vorzuziehen?
Schwerhörigenverbände favorisieren in der Regel den Festeinbau von Induktionsschleifen. Die Hauptargumente sind die permanente Verfügbarkeit, der sehr geringe Wartungsaufwand und die überschaubaren, einmaligen Kosten bei Neubauten bzw. grundlegenden Sanierungsmaßnahmen. Für Menschen mit Hörhilfen sind sie sofort einsetzbar und stehen für eine optimale Übertragung, unabhängig von zusätzlichen Gerätschaften, notwendigen Batterien etc..
Seitens der Anschaffungskosten fällt eine Induktionsanlage in der Regel bereits ab 5 – 10 gleichzeitigen Nutzern günstiger aus – dies allerdings nur, wenn die Einbringung der Schleife keine zusätzlichen Baumaßnahmen mit sich bringt.
Jeder Bauherr und Veranstalter, wie auch jede Kirchengemeinde, sollte die technische Umsetzbarkeit einer Induktionsschleife – auch bei einer späteren Einrichtung – prüfen lassen.
Viele Argumente weißen so zunächst Richtung Induktionsschleife.
Dem gegenüber stehen praktische Erfahrungswerte:
- eine nicht unerhebliche Anzahl von heutigen Hörhilfen verfügt nicht mehr über die benötigte T-Option bzw. sie ist nicht aktiviert. Wieviele der vorhandenen Hörgeräte dies letztlich wirklich betrifft ist stark abhängig von der Region und den Besuchergruppen – es sind uns Zahlen von 50 % bis fast 0 % von Hörgeräteakustikern, Hallenbetreibern und Kirchgemeinden genannt worden. Hier sollte vor einer Investition bei den regelmäßigen Besuchern recherchiert werden.
- gerade im kirchlichen Bereich treffen wir vermehrt auf Menschen, deren Hör- und Konzentrationsvermögen bereits beeinträchtigt ist, aber (noch) kein Hörgerät nutzen. Letztlich müssen immer einige Empfänger bereitgestellt, ausgegeben, eingesammelt, geladen, gewartet werden. Damit trifft das Hauptargument der Schwerhörigenverbände – einmal installiert, danach permanent und ohne weiteren Aufwand verfügbar – so nur noch teilweise zu
- in vielen Gebäuden wie auch den meisten unserer Kirchengebäuden ist eine nachträgliche Verlegung einer Kabelschleife häufig aufwendig und kostspielig bzw. durch Auflagen des Denkmalschutzes erschwert.
Unsere Empfehlung:
Im Rahmen von Neubauvorhaben und Sanierungen, die den Fußboden bzw. Bodenbelag einbeziehen, ist die Installation einer festen Induktionsschleife (in größeren Räumen in der Regel von segmentierten Schleifen) in einem überschaubaren Kostenrahmen realisierbar und sollte somit in die Maßnahmen einbezogen werden. Die Grundversorgung der Hörgeräteträger, die über eine T-Option verfügen, ist damit abgedeckt.
Ein nachträgliches Einbringen einer Schleife führt in der Regel zu hohen Investitionskosten bzw. beschränkt sich aus baulichen Gründen nur auf Teilbereiche des Raumes.
So ist ein funk- oder infrarotrbasiertes, modulares System zur Hörunterstützung häufig die bessere und einfachere Lösung. Es ist sofort einsatzbereit, da keine baulichen Maßnahmen erforderlich sind. Das System ist sowohl über die T-Option im Hörgerät als auch mit Kopfhörer nutzbar.
Die bedeutendsten Vorteile gegenüber einer installierten Induktionsschleife liegen in der Multifunktionalität:
- grenzenlosen Mobilität: in Verbindung mit dem Hand- bzw. Taschensender ist das System in beliebigen Räumen, so z.B. auch im Bibelkreis oder Seniorenheim, mit wenigen Handgriffen einsetzbar.
es ist sowohl für die Versorgung der Schwerhörigen als auch oder parallel für Dolmetscheranwendungen nutzbar - Infrarottechnik spielt in diesem Anwendungsspektrum inzwischen eine eher untergeordnete Rolle und wird in Deutschland nur noch von einem namhaften Hersteller angeboten. Sprechen Sie uns bitte an, wenn Sie in diese Richtung weiterdenken wollen
Hier finden Sie die einzelnen Systemansätze: